Luftfahrtstrukturen aus dem Lichtbogen: Nachhaltig, effizient, digital.
Die HEGGEMANN AG hat in den letzten Jahren das additive WAAM-Verfahren (Wire Arc Additive Manufacturing) weiterentwickelt und industrialisiert. Dabei lag der Schwerpunkt auf der reproduzierbaren Sicherstellung luftfahrttauglicher Materialqualität, u.a. durch die Digitalisierung der gesamten Prozesskette.
Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Luftfahrt spielt auch die Optimierung von Fertigungsprozessen für Flugzeugteile eine zentrale Rolle. Zudem erfordert die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Luftfahrtindustrie am Standort Deutschland stetige Innovationen für industrielle Prozesse. Idealerweise kombinieren diese Innovationen die Potentiale zur Effizienzsteigerung unterschiedlicher Technologieansätze (z.B. Fertigungstechnik, Digitalisierung, KI) und stärken damit die Position der oft mittelständischen Zulieferunternehmen im globalen Luftfahrtmarkt.
Vor diesem Hintergrund ist das Interesse der Branche an material- und energieeffizienten additiven Verfahren zur Herstellung endkonturnaher metallischer Halbzeuge sehr groß. Bei den heute verfügbaren Varianten additiver Verfahren für metallische Werkstoffe zeigt insbesondere das WAAM-Verfahren ein sehr großes Potential auf. Mit relativ geringen Anlagenkosten und entsprechenden schweißtechnischem Know How können Aufbauraten von 3-5 kg/h energieeffizient mit dem Schweißdraht basiertem Verfahren realisiert werden.
HEGGEMANN hat in den letzten 5 Jahren in Kooperation mit interdisziplinären Partnern eine eigene robotergestützte WAAM-Anlage mit einer CMT (Cold Metal Transfer) Stromquelle entwickelt, aufgebaut und im industriellen Umfeld erprobt. Mit dieser Anlage sind endkonturnahe Strukturen von bis zu 1500 x 1000 x 800 mm aus Titan, hochwarmfesten Nickellegierungen sowie hochfesten nichtrostenden Stahllegierungen prozesssicher herstellbar. Unterschiedlichste Aluminiumlegierungen werden aktuell ebenfalls untersucht. Für die Erfassung, Visualisierung und Speicherung aller prozessrelevanten „Key Values“ haben die Luftfahrtschweißexperten bei HEGGEMANN die Anlage mit entsprechenden Sensoren ausgestattet, die zeitlich synchronisiert eine 100%-ige Transparenz entlang der gesamten WAAM-Prozesskette gewährleisten.
Thermische Prozesssimulation:
Ziel: Optimierung des Fertigungsprozesses (Maximierung der Aufbaurate & Optimierung der Materialeigenschaften durch Steuerung der Abkühlgradienten)
Dabei entwickelten die Ingenieure bei HEGGEMANN sowohl für das Bauteil als auch für den WAAM-Prozess selbst jeweils einen digitalen Zwilling. Diese wurden mittlerweile anhand erster gedruckter Demonstratorbauteile erfolgreich validiert. Auf der Basis der 3D-CAD Daten und der Schweißparameter des CMT-Prozesses kann mit der thermischen Simulation die material- und geometrieabhängig ideale Schweißreihenfolge vorab bestimmt werden. Dies spart viele Iterationsschleifen und damit Energie und Material im Einfahrprozess. Daher wurde auch die WAAM-Zelle mit allen wesentlichen Komponenten und dem Energieeintrag der Schweißstromquelle in der digitalen Welt abgebildet.
Als zertifiziertes Luft- und Raumfahrtunternehmen mit jahrzehntelanger Erfahrung stellte HEGGEMANN den „Quality First Ansatz“ von Beginn an in den Mittelpunkt der Entwicklungsarbeiten, um das WAAM-Verfahren hinsichtlich der Prozesssicherheit analog geltender Regelwerke und Anforderungen der Luftfahrt zu industrialisieren. Herausgekommen ist nun ein mittelstandsfähiges Konzept für die Anwendung der WAAM-Technologie zur effizienten Herstellung von endkonturnahen metallischen Strukturen nach höchsten Qualitätsstandards.
Neben einer hohen Flexibilität sind hierbei besonders die Vorteile der Digitalisierung durch die Verwendung offener und trotzdem maßgeschneiderter Softwarelösungen für einen hochdynamischen Fertigungsprozess zu nennen.
Das WAAM-Verfahren war somit rückblickend ein wesentlicher Enabler für die fortschreitende Digitalisierung des gesamten Unternehmens. Aktuell werden in weiteren Innovationsprojekten die Lücken zwischen bestehenden digitalen Inseln geschlossen und in eine durchgängige IT-Landschaft implementiert. So arbeitet das Digitalisierungsteam bei HEGGEMANN intensiv an der Verbindung der Daten aus der Fertigung mit den standardisierten und etablierten Softwarelösungen (z.B. ERP, MES, PDM), um auch die im Projektgeschäft herausfordernde volatile Fertigungsplanung, den Materialfluss oder auch die Durchlaufzeiten weiter zu optimieren.
HEGGEMANN WAAM-Anlage
Robotergeführte WAAM-Anlage (6 Achsen) mit Schutzgaszelt und angeschlossener Sensorik zur Prozessüberwachung